Jesus wurde Mensch, war einer von uns. Als Kind erblickte er in einem Stall das Licht der Welt. Er spürte die Liebe und Fürsorge seiner Eltern, die Nähe und Wärme der Tiere, aber auch die Kälte von draußen. Der Geburtsort selbst – ein Stall – war schon außergewöhnlich.
Auch heute noch werden Menschen unter außergewöhnlichen Umständen geboren, und dass nicht nur in Katastrophen- oder Kriegsgebieten, sondern auch in einem Land wie Deutschland. Da werden Kinder in Abrisshäusern geboren, in einem Versteck, und es ist nicht klar, wie es mit dem Kind und den Eltern weitergeht.
Damals brachten sowohl Hirten wie Könige den Eltern Geschenke für das Kind. Maria und Josef begegneten allen mit Liebe und Dankbarkeit. Sie nahmen die Menschen an, ließen sie an ihrer Freude teilhaben.
Diese Tradition hat sich bis heute fortgesetzt. Verwandte, Nachbarn und Freunde gratulieren den Eltern zur Geburt ihres Kindes und heißen das Kind mit einem Geschenk willkommen. Manchmal bringen sie eine Leine mit Babysachen an oder sie stellen Störche auf; alles Zeichen dafür, dass hier ein neues Leben angekommen ist.
Doch unsere Gesellschaft verändert sich. Nicht immer werden Kinder in eine intakte Familie geboren. Der Vater wendet sich ab oder die Mutter kann das Kind nicht annehmen, keinen Bezug zum Kind aufbauen. Die Eltern sind zu jung oder auch einfach nur überfordert, um für das Kind zu sorgen. Helfen Eltern in solchen Situationen mit, kann das Kind eine Chance haben, tun sie dies nicht, bleibt erst mal die Zukunft des Kindes ungewiss.
Jesus wuchs nicht in Reichtum auf, bekam nicht alle Wünsche erfüllt. Viele Entbehrungen gehörten zu seinem Leben, so hat er viele Facetten des täglichen Lebens hautnah erfahren.
Auch heute haben nicht alle Menschen gleich viel zum Leben. Diese Erfahrungen sammeln wir täglich: in der Familie, im Kindergarten, in der Schule und auch am Arbeitsplatz. Kinder wie Eltern gehen unterschiedlich damit um. Die einen binden ihre Kinder mit ein und leben ihnen vor, dass für eine intakte Familie nicht der finanzielle Status, sondern der Zusammenhalt innerhalb der Familie zählt. Andere hingegen ziehen sich aus der Gesellschaft zurück oder, und das ist noch viel schlimmer, rutschen in die Kriminalität ab. Werden Kinder mit den Folgen allein gelassen, kann das fatale Folgen haben.
Obwohl Jesus liebevolle und fürsorgliche Eltern hatte, blieben Konflikte nicht aus. Maria und Josef waren gläubige Menschen, Gott aber nicht so nah, wie Jesus. So gab es immer wieder Situationen, in denen sie ihr Kind nicht verstanden haben. Jesus hat in diesen Situationen ihre Ratlosigkeit deutlich gespürt. Dennoch durfte er erleben, wie sie ihn in vielen Momenten haben machen lassen. Das spricht für ihre Liebe, für ihr Vertrauen zum Kind.
Auch heute sind uns Konflikte innerhalb einer Familie nicht fremd. Kinder gehen ihre eigenen Wege, erfüllen nicht immer die Wünsche ihrer Eltern. Damals wie heute reagieren Eltern sehr unterschiedlich. Manche Eltern sind mutig genug, ihren Kindern zu vertrauen. Sie dürfen ihren Weg gehen, ihre Erfahrungen machen. Andere gehen zu ihren Kindern auf Distanz oder lehnen sie sogar ab.
Jesus hat nicht nur Gleichaltrige, sondern auch Ältere im Glauben belehrt. Selbst Regeln brach er. So heilte er an einem Sabbat Kranke, umgab sich mit Menschen, die am Rande der Gesellschaft standen. Das hat nicht allen gefallen. Andersdenkende reagierten mit Kopfschütteln bis hin zum offenen Widerstand. Das auszuhalten, war gewiss nicht immer leicht, nicht für Jesus, nicht für seine Eltern. Wann sollte er sich von seinen Eltern abnabeln, wann sie sogar zurechtweisen, wann gegen Gesetze verstoßen und damit Misstrauen und Argwohn auf sich ziehen.
Auch heute stehen junge Menschen vor vielen Fragen. Wann sollen sie aus dem Elternhaus ausziehen, welchen Beruf ausüben? Den, den sie für richtig halten oder lieber die Wünsche der Eltern erfüllen? Müssen sie alle Regeln der Gesellschaft befolgen, auch wenn sie diese nicht nachvollziehen können? Wie mutig dürfen / sollen sie sein, um ihr Leben, ihre Zukunft selbst zu gestalten?
Jesus setzte mit seinem Handeln Zeichen: Er setzte sich ein für die Schwachen und Kranken. Wenn sie ihm folgten, lange Wege zu ihm in Kauf nahmen, durch ihr Verhalten zeigten, dass er für sie die letzte Rettung war, belohnte er ihr Vertrauen mit Heilung.
Auch heute setzen Menschen mit ihrem Handeln Zeichen. Geschieht ein Unfall, eilen Menschen herbei, sind ehrlich bemüht, zu helfen. Das kann Angst nehmen, Schmerzen lindern, Leben retten. Doch auch hier verändert sich unsere Gesellschaft. Es kommt immer häufiger vor, dass Menschen erste Hilfe blockieren, lieber ihr Handy zücken, um alles aufzunehmen, dabei jede Achtung, jeden Respekt vor dem, der Hilfe braucht, verlieren.
Nicht immer ist es für junge Menschen leicht, ihren Weg zu gehen. Wissen sie, ob sie auf ihrem Weg auch ihre Ziele erreichen? Für manche ist der Weg das Ziel, für andere nicht. Manche Menschen bleiben auf der Strecke, andere stürzen sogar ab.
Nicht immer hat Jesus Gottes Willen auf Anhieb verstanden, suchte deshalb mit ihm das Gespräch. Gottes Auftrag zu erfüllen, fiel Jesus nicht leicht. Er kannte sein Ende, wusste Gott an seiner Seite, doch ahnte er, wie groß die Qual werden würde?
Auch heute fühlen sich junge Menschen nicht immer verstanden. Manchmal verstehen sie sich selbst nicht. Da ist es gut, Eltern zu haben, Freunde zu haben. Wem können sie sich anvertrauen? Spielt Gott heute noch für sie eine Rolle?
Jesus musste sterben, sterben für die Sünden von uns Menschen, sterben für andere. Auch heute sterben Menschen für andere, z.B., wenn sie im Krieg für ihr Land kämpfen, bei der Rettung von anderen ihr eigenes Leben verlieren oder eine Mutter bei der Geburt ihres Kindes verstirbt.
Jesus letzter Weg – der Kreuzweg – war nicht einfach. Er erfuhr Hohn und Spott, fühlte die Last des Kreuzes, die Hiebe auf seinen Rücken, die heftig pochenden Schmerzen. An der Schädelhöhe angekommen, sah er, was auf ihn zukam, musste aushalten, ertragen. Wie unerträglich groß waren seine Schmerzen, als sie ihn ans Kreuz nagelten und es aufstellten?
Misshandlungen, Folterungen gibt es auch heute noch. Selbst in reichen Ländern werden Menschen erniedrigt, gequält, verletzt. Es geschieht in Familien, an Schulen oder anderen Einrichtungen. Damals wie heute sind die Betroffenen gezeichnet.
Nach der Kreuzigung Jesu blieben die Menschen zurück, die ihn geliebt, die ihm vertraut haben. Für sie geriet alles ins Schwanken. Wie konnte das geschehen? Wie konnte Gott das zulassen?
Heute stellen Menschen in Kriegs- oder Krisengebieten, nach einer Katastrophe oder einem Schicksalsschlag dieselben Fragen. Wie konnte das geschehen? Wie konnte Gott das zulassen?
Jesus starb für uns am Kreuz. Es ist die Endgültigkeit, die uns zu schaffen macht, seinen Anhängern damals, uns heute.
Als Jesus starb, hinterließ er seinen Jüngern und uns seine Botschaft. Es ist gut, sie zu haben, sich daran festzuhalten. Doch damals wie heute bleiben viele Fragen für uns Menschen offen. Wir müssen uns immer wieder daran erinnern, glauben heißt vertrauen, nicht wissen.
Stirbt ein Mensch, den wir kennen und schätzen gelernt haben, bewahren wir uns die Erinnerung an diesen Menschen. Ihn loszulassen, fällt schwer.
Auch die Jünger mussten lernen, Jesu Tod anzunehmen und ihre Erinnerungen an ihn zu bewahren und weiterzugeben.
Obwohl Jesus versucht hat, ihnen das Geheimnis des Glaubens zu erklären, waren sie damals genauso überfordert, wie wir es heute sind.
Jesus war einer von uns. Wer also sollte ihn besser verstehen als wir?