Mit den jährlichen Festen
halten Christen das,
was vor 2000 Jahren geschah, wach,
auch heute noch.
Dies ist uns möglich,
weil Jesus den Menschen die Botschaft Gottes vorgelebt hat,
weil es Menschen gegeben hat, die Jesus begleitet
und von seinem Wirken erzählt haben,
weil es Menschen gegeben hat,
an denen Jesus Wunder vollbracht hat und
die davon überglücklich erzählten,
weil es Menschen gegeben hat,
die zu den Randgruppen gehörten und die Jesus
vor den Augen der anderen angenommen hat;
sie konnten ihr Glück kaum fassen und erzählten davon,
weil es Menschen gegeben hat,
die alle diese Überlieferungen gesammelt und aufgeschrieben haben und
weil es Menschen gegeben hat,
die diese Überlieferungen in unsere Sprache übersetzt haben.
Und dennoch fällt es uns schwer, die Texte der Bibel zu verstehen.
Das liegt zum einen daran, dass Jesus häufig in Gleichnissen sprach.
Vor 2000 Jahren konnten viele Menschen weder lesen noch schreiben,
aber an Bilder – beschrieben mit Worten – konnten sie sich erinnern.
Doch Bilder werden nicht von allen Menschen gleich interpretiert.
Wie ein Bild verstanden wird, liegt im Auge des Betrachters.
Was ist dem Betrachter wichtig?
Was fasziniert ihn sofort und was entdeckt er erst auf den zweiten Blick?
Die einen halten an jedes Wort fest,
die anderen fragen nach der Bedeutung dahinter.
Doch die Bibel enthält noch mehr.
Neben den Gleichnissen sind auch die
überlieferten Erzählungen und die Worte Jesu zu deuten.
Immer wieder geht es um die Frage:
Verstehen wir die Botschaft dahinter richtig?
Heute klingt für viele Menschen die Sprache der Bibel befremdlich.
Die Übersetzung der Bibel ist schon viele Jahre alt und
sie war auch nicht einfach.
Schon der Versuch, die einzelnen Worte richtig zu übersetzen, fiel schwer.
Es gab zu viel Interpretationsspielraum.
Eine Vokabel kann mehrere Bedeutungen haben.
Welche ist richtig?
Außerdem ist unsere Sprache eine lebendige Sprache.
Das aber heißt: Sie verändert sich ständig.
Alte Vokabeln geraten in Vergessenheit,
neue entstehen.
Vor Jahren hat ein Liedsänger
ein Lied mit folgendem Inhalt geschrieben:
„Und wenn er noch‘mal wiederkäm,
hätt andere Haut und
anderes Haar.
Wer reichte ihm die Hand,
wer würde ihn verstehn?“
Sicher wäre Jesus heute anders gekleidet,
vielleicht in Jeans und Pulli,
vielleicht in einem schicken Anzug,
vielleicht aber auch als Bettler.
Sicher würde er sich heute nicht mehr mit einem
Hirtenstab und in Sandalen auf den Weg machen.
Vielleicht würde Jesus ein Auto nutzen,
vielleicht auch öffentliche Verkehrsmittel,
um mehr Menschen zu erreichen,
vielleicht sogar online.
Doch wie würde Jesus heute zu uns sprechen?
Würde er noch Bildworte benutzen?
Wenn nicht, wie würde er die Gleichnisse
von damals heute erzählen?
Welche Worte würde Jesus heute benutzen?
Eines ist sicher:
An dem Ursprung der Botschaft Gottes würde Jesus nichts ändern.
Vielleicht ist es deshalb unsere Aufgabe,
die von Jesus benutzten Gleichnisse,
seine Erzählungen und Worte
immer wieder neu zu deuten,
uns immer wieder neu zu fragen,
was wollte uns Jesus damit sagen?
Bei diesen Interpretationen gibt es
kein richtig oder falsch,
vielleicht ein mehr oder weniger sinnvoll.
Jens Schröter,
Professor an der Humboldt-Universität Berlin,
hat sich mit der Entstehung der Bibel befasst.
Sein Ergebnis hat er in einem Satz zusammengefasst:
„Die Bibel ist ja nicht einfach ein Buch,
sondern es ist eine Bibliothek von Büchern.“
In dieser Bibliothek werden wir immer wieder Neues entdecken.
So bleibt die Bibel für Groß und Klein spannend, auch heute noch.
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